Dülmen. Lukas Certa drückt am Donnerstagmittag die Schulbank. Er hat Italienisch-Unterricht. „Hauptsache im Trockenen“, denkt sich der 19-Jährige, denn draußen regnet es immer stärker. Doch dann geht sein Pieper, den Markus, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, immer bei sich trägt. „Dann wird alles stehen und liegen gelassen.“ Aus dem Italienisch-Unterricht geht es zur Wache. Auf ihn warten jetzt lange Stunden im Kampf gegen die Wassermassen.
An der August-Schlüter-Straße angekommen herrscht hier bereits reges Treiben. Lukas Certas Kameraden Benedikt Richter und Jenny Norgall stehen schon in voller Feuerwehrmontur bereit zur Abfahrt. „Mehr als 40 Sekunden brauchen wir nicht zum Umziehen“, berichtet die 19-jährige Jenny.


Die drei Freunde gehören zu den jüngsten Mitgliedern der Feuerwehr und müssen an diesem Nachmittag beweisen, dass sie ein Team sind. „Das Wichtigste ist die Sicherheit meiner Kollegen. Wir kommen so zurück, wie wir hier losgefahren sind. Das ist unser höchstes Ziel“, stellt der 22-jährige Oberfeuerwehrmann Benedikt klar.
120 Einsätze in sechs Stunden müssen die Helfer an diesem Nachmittag bewältigen. Keller auspumpen, Geschäftsräume trockenlegen und ganze Straßen von Schlamm befreien, auch wenn der Kampf gegen das Wasser oft ausweglos erscheint: „Als wir bei der Unterführung am Ostdamm ankamen, sagte ein Kollege zu mir: ‚Schau mal, da schwimmt ein Auto.‘ Das war schon ein sehr skurriler Anblick“, erinnert sich Lukas.
Vielerorts helfen Pumpen und Schläuche nicht mehr gegen den rasant steigenden Wasserpegel. „Dann können wir nicht mehr viel tun, außer für die Leute da zu sein. Wir fungieren dann als Ansprechpartner. Der Feuerwehrmann wird quasi zum Seelsorger“, berichtet Benedikt. Wo noch etwas getan werden kann, wird im Team gearbeitet: „Wir funktionieren wie ein gut geöltes Getriebe. Alles läuft Hand in Hand. Ich kann mich zu 100 Prozent auf meine Kollegen verlassen. Jeder weiß, was er zu tun hat.“
Bis abends um 20 Uhr fahren die Feuerwehrwagen von Ort zu Ort, erst jetzt entspannt sich die Lage. Erschöpft, aber mit einem guten Gefühl kehren die drei jungen Feuerwehrleute Jenny, Benedikt und Lukas zurück zur Wache: „Wenn jemand zu dir kommt und ‚Danke‘ sagt, einfach weil man da ist, dann weiß man warum, man diesem Job macht“, freut sich Lukas.
Nach dem langen Einsatz geht keiner der Drei sofort nach Hause. An der Wache wird der Grill angeworfen. „Wir sitzen zusammen und lassen den Tag noch einmal Revue passieren. Das ist dann wie ein Familienfest“, berichtet Jenny.