Dülmen. Wenn der Melder piept, muss alles ganz schnell gehen: „Wenn man gerade Zeit hat, rennt man los“, sagt Dietmar Bolte pragmatisch. Der 40-Jährige ist seit 26 Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Doch es gibt immer weniger Freiwillige, die ad-hoc alles stehen und liegen lassen und ausrücken können, wenn es brennt oder ihre Hilfe anderweitig benötigt wird.
Dietmar Bolte ist eines von insgesamt 395 Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr in Dülmen, und der geht es, wie fast allen Feuerwehren in ländlichen Gebieten, nicht allzu gut. Der Verband der Feuerwehren in NRW klagte erst kürzlich über Nachwuchssorgen. Auch in Dülmen sank die Zahl der Aktiven im vergangenen Jahr um sieben auf 266.


In den aktiven Dienst kam Dietmar Bolte über die Jugendfeuerwehr - in Warendorf, wo er zu der Zeit wohnte, mehr oder minder das einzige Freizeitangebot für Jugendliche, erinnert er sich. „1989 habe ich dann den Grundlehrgang gemacht.“ Vier Wochenenden dauert es, bis ein angehender Feuerwehrmann die Grundbegriffe gelernt hat: Zum Beispiel, wie genau Schläuche funktionieren, was Atemschutzgeräte sind, und so weiter. Ein typischer Weg, den Bolte da eingeschlagen hat, denn ein großer Teil des Feuerwehrnachwuchses kommt aus der Jugendabteilung. „Manche verlieren mit 15, 16 Jahren wieder die Lust, aber andere bleiben dabei“, sagt Bolte. „Hier in Dülmen versuchen wir, schon die Kinder spielerisch an die Feuerwehr heranzuführen.“ In Dülmen zählte die Jugendfeuerwehr zum Ende des Jahres 2009 30 Mitglieder im Alter von zwölf bis 18 Jahren. Seit 2006 gibt es auch eine Kinderfeuerwehr, damals die erste im Regierungsbezirk Münster.
Dietmar Bolte machte das Ehrenamt schließlich zum Beruf und ist heute Berufsfeuerwehrmann in Münster. Der 40-Jährige arbeitet dort im 24-Stunden-Schichtdienst, an den freien Tagen ist er auf Abruf bereit, wenn die Freiwillige Feuerwehr in Dülmen zu einem Einsatz ausrücken muss. Vor seiner Zeit als Berufsfeuerwehrmann, als Bolte noch als Kfz-Mechaniker gearbeitet hat, konnte er sogar während der Arbeitszeit zu Einsätzen ausrücken. „Da hat mich mein Chef oft sogar noch persönlich zum Feuerwehrhaus gefahren“, erinnert er sich.
Heute sei so etwas die absolute Ausnahme. Immer mehr Firmen lehnen es ab, Mitarbeiter für den ehrenamtlichen Dienst abzustellen, beklagt der Feuerwehrverband. Das kann auch Dietmar Bolte bestätigen: „Früher herrschte da wesentlich mehr Verständnis.“
Dazu kommt, dass immer mehr Arbeitnehmer pendeln müssen. Auch viele Dülmener arbeiten nicht hier vor Ort, sondern pendeln nach Münster oder ins Ruhrgebiet. In der geforderten Zeit am Einsatzort zu sein, ist für diese Ehrenamtlichen schlichtweg unmöglich. Denn bereits nach acht Minuten soll die erste Gruppe vor Ort sein, nach 13 Minuten die zweite.
Zeiten, die die meisten Freiwilligen aber auch von Dülmen aus schlecht einhalten können. „Fünf Minuten brauche ich schon von zuhause bis zur Wache, dann 30 Sekunden zum Umziehen, und dann noch Zeit, um zum Ort des Geschehens auszurücken“, sagt Bolte. Schneller sind die Hauptamtlichen, von denen drei pro Schicht die Feuerwache besetzen. Insgesamt wurde die Feuerwehr im vergangenen Jahr zu 360 Einsätzen gerufen. „Zehn Stunden kann man im Monat Pi mal Daumen für Einsätze einplanen, mal mehr, mal weniger.“ Bei den meisten sei man nach rund einer Stunde wieder zu Hause, es sei denn, es handelt sich um einen Großbrand. Dazu kommen etwa sechs Übungsstunden im Monat. „Meine Familie unterstützt das zum Glück“, sagt Bolte und gibt zu, dass er selbst manchmal „gar“ ist, wenn er nach 24 Stunden Arbeit nach Hause kommt. „Wenn dann noch der Melder geht, braucht es manchmal etwas Überwindung.“ Dann wägt der Berufsfeuerwehrmann ab, ob seine Hilfe und Erfahrungswerte beim Einsatz benötigt werden. Und das wird, sollte die Feuerwehr nicht weiter Nachwuchs gewinnen, in Zukunft immer häufiger der Fall sein.